Samstag, 14. März 2020
Gegenwart
Ein Jahr später sieht der Schmerz anders aus.

Dein Todestag war nicht schön. Ich wurde wenige Tage zuvor krank. Ich konnte das neun Tage Rosenkranzgebet (Novena) nicht so wahrnehmen wie ich es wollte. Mein Körper lies mich nicht. Ich war nicht an deinem Grab. Ich war zu stark erkältet. Dennoch floßen einige Tränen. Ich schätzte den Blumenstrauß meiner Kollegen zu deinem Todestag sehr. Was für eine liebe aufmunternde Geste! Doch wich der Schmerz irgendwie Tage nach deinem Todestag aus meinem Alltag.

Ende Februar hatte ich ein dunkel blaues T-Shirt an und es fühlte sich nach 13 Monaten schwarz und weiß tragen irgendwie unnatürlich an. So unnatürlich das ich als nächstes wieder ein schwarzes Shirt trug. Als ob ich dem neu eingekehrten Frieden nicht so recht vertrauen kann. Ich bin seltener traurig. Die Trauer ist weniger present in meinem Alltag, selbst Familientreffen mitgezählt.

Ich kann nicht kontrollieren was geschieht. Du hast einen neuen Platz in meinem Leben eingenommen. Ich fange an das zu akzeptieren. Es bleibt mir ja nichts anderes übrig. Ich habe heute mutig das erste mal seit langer Zeit einen lila Pulli an, den ich sehr mag.

Dein Fehlen fällt auch auf wenn meine Mutter mir Fragen zu ihrem Cathering Geschäft stellt, die du sonst erhalten hättest. Es fühlt sich noch immer alles seltsam neu und unneu an.

Aber irgendwie ist es okay und an manchen Tagen gar schön. Immer häufiger sehe ich dich auf einem gerahtem Foto in meiner Wohnung und sage dir laut und ohne Verbitterung, gar fröhlich Dinge wie "Das hätte dir gefallen." .

Wer weiß, wie ich mich an deinem Geburtstag Ende April fühle. Immerhin begreife ich langsam, dass dies einer dieser unkontrollierbaren Reaktionen in meinem gegenwärtigem Leben ist. Und das ist, denke ich, völlig ok.

Die Wellen nehmen wie sie kommen.

5.3.2020

Foto: Nasim Keshmiri | unsplash.com UND (C) Privat
https://unsplash.com/photos/q248iwcW3sY und Privat

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