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Samstag, 27. Juli 2019
Summertime
anna mestisa, 22:31h
Ich hielt es nicht für möglich, dass der Sommer nach diesem Winter kommen würde. Natürlich kam er dennoch und auch dieses Jahr mit Rekordtemperaturen. Die Leichtigkeit des Seins im Sommer ist tatsächlich immer wieder durchgedrungen. Die Trauer hat einen Schritt zurück gemacht und hinter Eiscreme, Sonnenschein, Menschenmengen und Festivitäten Platz genommen. Diesen Platz hat die Trauer zumindest vorrübergehend akzeptiert. Eine kleine Weile genoss ich Grillmittage, Spaziergänge und kaltes Nass in Form von Getränken, Duschen und anderen Erfrischungen. Die grelle Sonne verdeckte blinde Flecken und den permanenten Grauschleier... Sie blendete. Für ein paar Tage schien alles beim Alten zu sein...
...bis zum nächsten Familienmittag. Die Familie zu sehen bereitet mir Freude, aber erinnert mich an alles Verlorene und Endgültige. Die Bitte meiner Mutter vorm Mittagessen ein Gebet zu sprechen war jenseits unserer Norm und war doch völlig verständlich und auch schön. Jedoch war zugleich dieses Gebet eine direkte Erinnerung an die überwundenen Kämpfe, an die getragenen umgeschulterten Lasten, an den Bruch durch unsere Mitte. So mischt sich Trauer und Demut in die Dankbarkeit eines scheinbar gewöhnlichen sommerlichen Familienmittagsessen.
9./12.7.19
Bild: Samantha Gades / unsplash.com
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...bis zum nächsten Familienmittag. Die Familie zu sehen bereitet mir Freude, aber erinnert mich an alles Verlorene und Endgültige. Die Bitte meiner Mutter vorm Mittagessen ein Gebet zu sprechen war jenseits unserer Norm und war doch völlig verständlich und auch schön. Jedoch war zugleich dieses Gebet eine direkte Erinnerung an die überwundenen Kämpfe, an die getragenen umgeschulterten Lasten, an den Bruch durch unsere Mitte. So mischt sich Trauer und Demut in die Dankbarkeit eines scheinbar gewöhnlichen sommerlichen Familienmittagsessen.
9./12.7.19
Bild: Samantha Gades / unsplash.com
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Mittwoch, 24. Juli 2019
Jahrestag
anna mestisa, 10:46h
Eine neun Jahre alte Beziehung kennt Höhen und Tiefen. Aber keine der vorherigen Tiefen hat je an meinem Kern, meiner Persönlichkeit, meinem ganzen Sein gebröckelt.
Einen Elternteil verlieren ist wie ein Härtetest der eigenen Identität. Kannst du jetzt wirklich an allem was du bist festhalten und glauben und ausleben ohne diese Rückendeckung, ohne diesen Stützpfeiler, ohne dieses Sicherheitsnetz?
Ich bin meiner sicher gewesen und doch habe ich gezweifelt, an allem gezweifelt, und bin dann tatsächlich bei 95% meiner Schlüsse geblieben.
Meine Familie ist die, die sie vorher war, nur mit mehr Rissen und mehr Kleber. Meine Freunde sind immer noch dieselben bunten schillernden Gestalten. Mein Lebensgefährte, mein Lebenspartner, mein Gegenstück ist nach wie vor mein Schatz.
Vieles was ich gerne wäre und doch nie war sehe ich in ihm und umgekehrt. Und doch überrascht er mich immer wieder aufs Neue. Zusammen scheinen wir zumindest einen funktionierenden Menschen zu ergeben. Ich finde das macht vieles leichter. Mit Trauer muss jeder alleine klar kommen und doch könnte ich nicht dankbarer für seine Hilfe sein.
Er päppelt mich auf. Von Anfang an unserer Beziehung hat er ein Lächeln gezaubert, wo vorher Stress oder Trübsal oder Trauer war. Humor ist unser Allerheilmittel. In Zeiten wie diesen brauch man reichlich davon, mit einem gehörigen Schuss an Timing.
Jedenfalls hat sich auch bei dieser Hürde, bei diesem Prozess gezeigt; unser Rezept geht auch jetzt noch auf. Es wirkt langsamer und brauch mehr Feingefühl, kostet mehr Energie, aber wir sind immer noch wir.
Wir lieben ehrlich und lernen immer wieder aufs Neue zu kommunizieren.
Wir vertrauen auf uns als Team (auch) gegen alle Probleme.
Wir genießen miteinander zwangfreie Zuneigungen aller Art genauso wie Freiräume, die man sich gegenseitig gewährt.
Und wir teilen noch immer dieselben Prioritäten.
Daran hat sich in allen Jahren nichts geändert. Auch jetzt nicht.
Darauf bin ich immens Stolz und dafür bin ich zugleich immens dankbar.
9.7.19
Bild: David Núñez / unsplash.com

Einen Elternteil verlieren ist wie ein Härtetest der eigenen Identität. Kannst du jetzt wirklich an allem was du bist festhalten und glauben und ausleben ohne diese Rückendeckung, ohne diesen Stützpfeiler, ohne dieses Sicherheitsnetz?
Ich bin meiner sicher gewesen und doch habe ich gezweifelt, an allem gezweifelt, und bin dann tatsächlich bei 95% meiner Schlüsse geblieben.
Meine Familie ist die, die sie vorher war, nur mit mehr Rissen und mehr Kleber. Meine Freunde sind immer noch dieselben bunten schillernden Gestalten. Mein Lebensgefährte, mein Lebenspartner, mein Gegenstück ist nach wie vor mein Schatz.
Vieles was ich gerne wäre und doch nie war sehe ich in ihm und umgekehrt. Und doch überrascht er mich immer wieder aufs Neue. Zusammen scheinen wir zumindest einen funktionierenden Menschen zu ergeben. Ich finde das macht vieles leichter. Mit Trauer muss jeder alleine klar kommen und doch könnte ich nicht dankbarer für seine Hilfe sein.
Er päppelt mich auf. Von Anfang an unserer Beziehung hat er ein Lächeln gezaubert, wo vorher Stress oder Trübsal oder Trauer war. Humor ist unser Allerheilmittel. In Zeiten wie diesen brauch man reichlich davon, mit einem gehörigen Schuss an Timing.
Jedenfalls hat sich auch bei dieser Hürde, bei diesem Prozess gezeigt; unser Rezept geht auch jetzt noch auf. Es wirkt langsamer und brauch mehr Feingefühl, kostet mehr Energie, aber wir sind immer noch wir.
Wir lieben ehrlich und lernen immer wieder aufs Neue zu kommunizieren.
Wir vertrauen auf uns als Team (auch) gegen alle Probleme.
Wir genießen miteinander zwangfreie Zuneigungen aller Art genauso wie Freiräume, die man sich gegenseitig gewährt.
Und wir teilen noch immer dieselben Prioritäten.
Daran hat sich in allen Jahren nichts geändert. Auch jetzt nicht.
Darauf bin ich immens Stolz und dafür bin ich zugleich immens dankbar.
9.7.19
Bild: David Núñez / unsplash.com

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Sonntag, 21. Juli 2019
Bittersüße Erinnerung
anna mestisa, 12:09h
Mein immer wissbegieriger, immer neugieriger, immer Nase-im-Buch Vater ist nicht selten mit umgedrehten offenen Buchseiten auf dem Schoß eingedöst mit Kopf im Nacken auf der Ledercouch... Ich kann ihn vor meinem inneren Auge sehen wie er da sitzt. Immer und immer wieder dachte ich, muss das denn nicht unbequem sein? Aber dann ist er nicht selten aufgewacht oder hat genug geruht und las weiter als wäre nichts gewesen. Meinen Vater lesen zu sehen gehört zu einem meiner liebsten Erinnerungsbildern, die es so gut wie nicht auf Foto gibt, aber hundertfach ganz ganz tief drin in meinen Gehirnwindungen.
21.6.2019
Bild: www.unsere-helden.com bzw. "Wir Kinder der 90er"

21.6.2019
Bild: www.unsere-helden.com bzw. "Wir Kinder der 90er"

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Schmerzen eines Suizids
anna mestisa, 12:06h
Dieses Zitat fand ich am 21.6.2019 in den Kommentaren des Videoclips zum Lied "1-800-273-8255" von Logic ft. Alessia Cara, Khalid

Bild: www.randysrandom.com
Bei einem Suizid geht es dem Betroffenen so schlimm, dass die Familie oder das Soziale Umfeld auch kein Argument mehr ist zu leben. Dennoch als Hinterbliebene spricht dieses Zitat (ins Deutsche übersetzt) mir aus der Seele:
"Das Traurige ist Suizid beendet nicht den Schmerz. Er wird bloß an jemand anderes weitergereicht."
James Kirkup (1918-2009), Englischer Dichter

Bild: www.randysrandom.com
Bei einem Suizid geht es dem Betroffenen so schlimm, dass die Familie oder das Soziale Umfeld auch kein Argument mehr ist zu leben. Dennoch als Hinterbliebene spricht dieses Zitat (ins Deutsche übersetzt) mir aus der Seele:
"Das Traurige ist Suizid beendet nicht den Schmerz. Er wird bloß an jemand anderes weitergereicht."
James Kirkup (1918-2009), Englischer Dichter
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