Montag, 23. September 2019
Hab 'nen schönen Tag
"Ich liebe dich. Hab 'nen schönen Tag." Diese Worte jeden Morgen, am Beginn meines Tages, beim Verlassen des Hauses zu hören, ist ein Beweis für die Konstante in meinem Leben. Mein Partner meint diese Worte genauso wie er sie sagt.
Denn wenn sich dieser Wunsch mal nicht erfüllt, ist er da und hilft mir dabei die Scherben des Tages aufzukehren.
Ich hatte Angst meine Familie zu verlieren, dabei habe ich längst meine eigene geschaffen.

16.8.19

Bild: pixel2013 / pixabay.com
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Donnerstag, 19. September 2019
Suizid: Drei Phasen der Suizidalität
Der Suizidgefährdete durchläuft drei Stadien, bevor er den Selbstmord vollzieht: So folgt auf die erste Phase der Erwägung das Abwägungs- oder auch Ambivalenzstadium. Die dritte Phase ist der Entschluss.

1. Erwägung
Die erste Phase machen viele Menschen in ihrem Leben durch. Man sieht die Suizidalität als eine Möglichkeit, die man hat, um seinen Problemen ein Ende zu setzen. Der Gedanke kann manchmal sogar dabei helfen, schwierige Situationen auszuhalten, weil man ein Mittel in der Hand hat, das man nutzen könnte, wenn man nicht mehr kann oder will.

2. Abwägung
Während der Ambivalenzphase schwanken Menschen zwischen Leben und Tod. Man überlegt, wie viel man noch Aushalten kann und was man noch einsetzen will. In diesem Moment ist das Leiden größer als in Stadium eins und die Suizidgedanken werden konkreter. Es wird überlegt wann und wie man sich umbringen kann. So sammelt manch einer für den Fall des Falles zum Beispiel schon Tabletten. Nur in diesem Stadium teilen sich bis zu zwei Drittel der Menschen mit. Das kann eine saloppe Bemerkung am Rande sein, aber auch eine konkrete Aussage. Andere Anzeichen sind Schlaflosigkeit, vermehrter Alkohol- oder Drogenkonsum, Nervosität und Stimmungsschwankungen.

3. Entschluss
In der dritten Phase ist die Zeit des Abwägens vorbei. Der Entschluss zum Selbstmord ist gefasst und dem Betroffenen geht es schlagartig besser. Er scheint zufriedener, glücklich und ausgeglichener. Doch der Schein trügt: Das quälende Hin und Her hat ein Ende und die Last des Lebens ist von ihm abgefallen. In diesem Stadium wird der Betreffende alles tun, damit er nicht mehr aufgehalten werden kann und Hilfe verweigern.

aus: Alina Schadwinkel, Es hilft zu wissen, dass Suizid keine leichtfertige Entscheidung ist, 13.11.2009, aktualisiert am 9.11.2018, ZEIT ONLINE

Bild: psycho666 / pixabay.com
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Samstag, 14. September 2019
Mein Körper
Ich bin extrem lieblos zu meinem Körper seit mein Vater gestorben ist. Zu Sport in Einheiten, die Fortschritte bringen, kann ich mich nicht aufraffen. Also versuche ich das Mindestmaß zu halten solange keine Katastrophen passieren.
Dann passieren Katastrophen und belasten mich. Und damit ich meine privaten Pläne nicht alle über einen Haufen werfen muss, spare ich an Sport und/oder gemüsereichen Mahlzeiten.
Low Maintance; Minimaler Aufwand wird betrieben um Kraft für den außergewöhnlichen Mist zu sammeln.

Ich kümmere mich um den Dreck, gönne mir danach einen echt schönen Tag und bin prompt krank. Ich meine es sanft anzugehen, aber es ist immer noch zu viel. Am Leben teilhaben und diesen Nachlass pflegen ist zu viel.
Und so sammele ich mir jede verdammten Infekt ein, der gerade die Runde macht. Damit ist aber nicht genug, ich werde auch schleppender gesund als vor dem Einschlag. Mein Körper ist scheinbar der Ausdruck meiner müden Psyche geworden. Ich will gar nicht unbedingt fit werden. Ich sulle mich gerne mit diesem Infekt in meinem fetthaarigen, verschwitzten und verschleimten Elend. Ich füge mir keinen Schaden zu, aber ich beeile mich auch nicht mich zu pflegen, gar fit zu werden.
Mein Körper wird sich dennoch sehr bald besser fühlen, durch die zehn Stunden Schlaf am Tag. Mein Geist hingegen wird sich vielleicht erst in Jahren von diesem Kraftakt erholen.

Also ja ich zerdenke in der arbeitsunfähigen Zeit alle möglichen nächsten Schritte und drehe mich sinnlos im Kreis. Und als ich das Gedankenkarussel aus Erschöpfung verlassen will, stelle ich wieder fest wo mein Problem ist:
Ich arbeite unerbittlich am Nachlass und am Schutz meiner Familie um ja nicht an mir oder meinen Gefühlen arbeiten zu müssen. Ich habe Angst an meiner Trauer zu arbeiten, weil ich weiß, dass sie mich vereinnahmen wird.
Ich weiß, dass noch ungeahnte Kräfte in dieser Trauer stecken und diese Kraft mir Angst macht. Am meisten fürchte ich mich vor den immer wiederkehrenden Fragen:
Habe ich meinem Vater (auch zum Schluss) gegeben was er von mir brauchte und wollte?
Habe ich ihm bei seinen Lasten geholfen?
War ich eine schlechte Tochter?
Habe ich zu selten angerufen?
War ich bei genug Familienessen? Und hat er mit mir an diesen überhaupt gesprochen ohne Ablenkungen?
Haben wir ihn zu selten willkommen geheißen?
Habe ich ihn oft genug nach Oma (2016†) gefragt?
Hat mein Vater gewusst wie sehr ich ihn geliebt habe?
Hat er gewusst wie sehr ich mich von ihm geliebt und unterstützt gefühlt habe?
Kann mein Vater meine Liebe noch spüren, wo auch immer er jetzt ist?

Ich kenne meine ehrlichen Antworten auf diese Fragen in- und auswendig, dennoch tauchen sie immer wieder in Momenten der Unsicherheit auf: als wir seine Beerdigung planten, als ich sein Grab schmückte, als wir seine Sachen (aus)sortierten, als wir sein Bankkonto auflösten, als wir den Erbschein beantragten, als ich Kündigungen, Infonachrichten und Rückfragen an diverse Stellen verschickte.

Wir erhalten Leitfäden und Informationen, wo weitere Details stehen. Tatsächlich nutzen wir den ein oder anderen Leitfaden und saugen alles auf was man uns vorwirft, ausspuckt oder austeilt. Wie Zombies füllen wir aus, liefern ab, beantworten Fragen, alles was nötig ist um diesen Alptraum zu beenden. Aber je länger das Rad sich dreht, je tiefer wir in diesem Leitfaden stecken und abhacken, je klarer wird mir das ist bereits mein neues Leben.
Ich funktioniere so gut ich kann, obwohl ich am liebsten das Handtuch werfen will, obwohl ich am liebsten in mein Bett will und erst in 6 Wochen oder 6 Monaten wieder aufstehen will.
Aber ich knechte mich für die Familie um den Schmerz für die anderen v.a. für meinen Großvater zu erleichtern. Dabei merke ich noch gar nicht, dass ich selbst bereits zu 100% Schmerz befallen bin. Was interessiert mich da eine Erkältung oder weitere 8 Fehltage auf meiner Arbeit?!

Ich bemerke wie etwas in mir zerbrochen ist und nur darauf wartet aufgekehrt zu werden. Aber ich genieße das Knirschen in meinen Gedanken noch eine kleine Weile. Die Trauer wird nicht weglaufen so viel ist sicher. Ich bewege mich von einem Scherbenhaufen zum nächsten...

14.8.19

Bild: Sydney Sims / pixabay.com
https://unsplash.com/photos/5_n3X6EfRNc

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