Montag, 3. Juni 2024
Die menschlichste Erfahrung
Die menschlichste Erfahrung in diesem Leben ist und bleibt: Trauer!

Trauer hat so viele Facetten und zeitgleich ist sie so unglaublich universell verständlich. Trauer vereint nicht nur Menschen, sondern auch andere Tierarten.
Wenn gar Haustiere beim Verlust ihrer Person ihr Verhalten verändern, weil sie den Verlust verarbeiten müssen, so kann es gar nicht anders bei Menschen sein. Wenn Elefanten Beerdigungen zelebrieren, ist es wohl das normalste der Welt auch für uns Menschen zu trauern.

Dieser Blog war nie für populäre Zwecke bestimmt. Er sollte mir einfach helfen meiner Trauer ein Gesicht und eine Stimme zu verleihen.
Auch bin ich nach wie vor offen für den Dialog mit anderen Trauer geplagten Menschen, wenngleich ich hierfür außerhalb meiner Trauergruppe nie eine hohe Erwartungshaltung hatte.

Fakt ist, dass jeder Aufruf für jeden Beitrag dieses Blogs mir beweist, der Schmerz wird weniger, wenn wir ihn teilen.

Mir spendet es Trost, nicht allein zu sein mit diesem Schmerz.

In diesem Sinne...

Weiterlesen auf eigene Gefahr Mitgefühl oder gar Trauer nachzuempfinden!

Alles Liebe,
Anna

...weil die Liebe auch nach dem Tod bleibt!

22.3.22 20:02

Bild: pixybay.com
https://pixabay.com/de/illustrations/lilie-blume-pflanze-bl%C3%BCte-natur-1705913/

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Donnerstag, 2. Mai 2024
Mein Logbuch der Trauer
Ich habe diesen Trauerblog wie eine Art Logbuch einer Krankheit geführt. Ich habe versucht meine Fortschritte zu analysieren und zu fördern, versucht meine Ängste zu konfrontieren. Ich wollte das Paket Trauer annehmen, verarbeiten und dann weiterleiten oder loslassen. Anstatt dessen habe ich mir eine Art Schrein, ausgeschmückte Narben, ein digitales Sammelheft zum zur Schau stellen erarbeitet.

Wenn ich mir also eine Woche oder einen Monat stillstand im Sammelheft gegönnt habe, war ich mir nicht sicher, ob ich meine Trauer verdrängt, vergessen oder tatsächlich losgelassen habe. Wenn man sich für aktive Trauerarbeit entscheidet, kann man sich auch jederzeit dagegen entscheiden. Ich schulde es keinem weiter zu schreiben, außer mir selbst. Aber vielleicht nicht mal das.

Meine Großmutter verstarb 2016, mein Vater 2019, mein Großvater 2020. Es ist ok, es ist richtig, die Trauer ziehen zu lassen. Sie kehrt ohnehin wieder zurück... Mal weil mich, Rosen, Automodelle, Filme, Desserts, Redensarten an euch erinnern; mal weil Jahrestage anstehen; mal weil jemand sich lebhaft an euch erinnert und die Erinnerungen mit mir teilt. Trauer ist nicht zwingend vollkommen düster und beschwerend. Im Gegenteil manchmal ist sie nur der bittersüße Beigeschmack von schönen Erinnerungen. Auf dem Niveau kann man sich mit der Trauer arrangieren und schreibt eben nicht mehr wöchentlich in einen Trauerblog.
Ein bisschen fühle ich mich wie ein Trauerveterane. Mein neues altes Ich.

Wer liebt wird unweigerlich eines Tages trauern. Die Liebe bleibt, wenn auch (ab hier) unerwidert.

24.6.22

Bild: Bruno | Pixabay
https://pixabay.com/de/photos/zeit-uhr-zeiger-ziffernblatt-3143543/

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Sonntag, 25. August 2019
Über mich
Alles was man über mich und über meine Motivation diesen Blog zu schreiben wissen muss, steht in meinem Abschiedsbrief an meinen verstorbenen Vater:

"Ich schreibe hier fassungslos. 21 Tage nachdem ich von deinem Tod erfahren habe. 23 Tage, die du nicht mehr unter uns bist.
Du hast eine Entscheidung getroffen, in Kurzschluss oder in Absicht spielt keine Rolle mehr. Ich bin erschüttert, schockiert, gelähmt. Jeden Morgen Aufstehen ist ein Kampf. Jedes Mal von dir sprechen schmerzt. Jedes Mal diese neue Realität ohne dich in Worte zu fassen eine Last. Meine Trauer und meine Tränen kommen und gehen völlig willkürlich.

Die Frage nach dem "Warum" habe ich mir selbst von der ersten Minute an verboten. Und doch schleicht sie sich immer wieder an. Meine Schlussfolgerung ist die; du bist in Verzweifelung oder in Depression ertrunken und du sahst keinen Ausweg.
Nichts ist schlimmer als meine Angst etwas unterlassen zu haben, dass deine Entscheidung hätte ändern können. Mit der Restangst auch nur minimal Schuld an deiner Entscheidung zu sein, müssen wir nun alle leben. Aber egal warum, ich weiß ich kann dir nicht böse sein. Ich will es auch nicht. Ich fühle, dein Leben war voll und ganz der Liebe gewidmet.

Du hast seit ich denken kann nie "Ich liebe dich" zu mir gesagt. Du musstest es aber auch nicht.
Du hast mir ein Zuhause gegeben, ein Dach über dem Kopf, Essen und allem was ein Kind eben braucht.
Du hast immer alles mögliche im Haus selbst repariert vom Herd, bis zu meinen Zimmerregalen, bis hin zu Rohren im Bad.
Du hast mir als kleines Mädchen sanft die langen dunkelbraunen Haare gekämmt, die du so an mir mochtest.
Du hast mir eine Barbie-Imperium zusammen gekauft, gebaut und geklebt von Jeep, Haus, Reisevan, Auto bis Boot.
Du hast mich bei den Hausaufgaben unterstützt trotz langen Tagen im Labor, bist zu Elternsprechtagen gegangen, hast versucht mich ins Gymnasium zu schicken, hast mir ein privates Berufskolleg gesucht und bezahlt, nachdem ich im Gymnasium gescheitert bin.
Du hast mir die Mitgliedschaft im Fitness Studio und im Hallenbad bezahlt als ich beschlossen hatte, etwas gegen mein Übergewicht zu tun.
Du bist mit mir so viele Extrastunden Auto gefahren um mir meine Angst zu nehmen.
Als ich F., meinen Mann, meinen ersten richtigen Freund, zum Familienessen mitgebracht habe, hast du ihn von Anfang an willkommen geheißen. Mehr noch, du bist einer seiner besten Freunde geworden, während der langen sonntäglichen Familienmittage.
Du hast mir ausgeholfen, wann immer ich eine Glühbirne oder einen Rat, der letzte wegen eines Zerankochfelds, brauchte.
Du hast mir immer das Gefühl gegeben mein doppeltes Netz zu sein, während ich versuche auf dem Seil, auch "Leben" genannt, zu laufen.
Du hast unsere Familie zusammen gehalten, auch nach der Scheidung von Mama, auch nach der neuen Eheschließung mit Stiefvater.
Dein Ego war nie größer als unsere Familie. Das war mit Abstand deine größte Leistung.

Wie kann ich dir also auch nur einen Funken böse sein für deine Entscheidung dein Leben zu beenden?
Im Gegenteil ich halte dir und deinem Lebenswerk die Treue. Du hast an uns, an deine Patchwork-Familie immer geglaubt. Du hast alles gegeben was du hast, und mehr.
Und dafür kann ich nur dankbar sein. Danke fürs bei uns sein, solange du es konntest.

Ich hatte immer gehofft, dass du ein Mal im Leben etwas für dich tust:
Eine kleine Reise nach Frankreich mit deinen alten Freunden W. und U. unternimmst.
Oder du dir endlich eine eigene Katze, deinen eigenen Garfield, zulegst, weil du deren eigensinniges Wesen immer geschätzt hast.
Oder endlich mal deine komplette Buchsammlung an einen Ort schaffst, einrichtest und darin tagelang, wochenlang schmökerst.

All das solltest du doch in deiner Rente tun. Stattdessen hast du die letzten Jahre nicht dran gedacht, Halt zu machen.
Du bist losgezogen und hast dich freiwillig als Pate für lernschwache Schüler angemeldet um diesen bei Bewerbungen zu helfen.
Stattdessen hast du weiter mit Mama und Stiefvater Catering Aufträge betreut. Verträge geschrieben, Einkäufe erledigt und Rechnungen ausgestellt.
Stattdessen hast du mit Mama und Stiefvater immer weitere Programme für Pilgerreisen geplant.

Du hast dich anders entschieden als ich es mir für dich gewünscht habe und das ist okay. Es tut weh, aber es ist okay.
Du bist in Liebe gegangen und doch bleibst du in Liebe in meinen Erinnerungen.
In meinen Gedanken und in meinem Herzen bist du Heim gegangen zu Oma um dich endlich auszuruhen.

Bitte vergib uns, wenn wir zu viel von dir genommen haben. Du kannst dir sicher sein, mein Herz wird dir solang es schlägt Liebe schicken, wo auch immer du jetzt bist.

Ich hab dich lieb."


20.2.19

Bild: Annie Spratt / unsplash.com
https://unsplash.com/photos/38yKQLL11d8

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