Freitag, 25. März 2022
Verlust und Trauer im Film
Viele Filme in denen Trauer um den Verlust einer geliebten Person behandelt wird, werden ausschließlich als Drama beworben und kategorisiert. Jedoch fallen mir auf Anhieb dutzende Filme ein, die das Thema Trauer behandeln und die Zuschauer aus voller Kehle zum Lachen bringen und zu Tränen rühren.

In jeder Trauer liegt extrem viel Kraft. Natürlich ist fast jede Trauer mit unfassbaren Schmerzen verbunden, aber diese menschliche Erfahrung des Verlusts, der Krise, der Neuordnung zwingt sie Hinterbliebenen fast immer auch zu Veränderungen und neuen Chancen und Möglichkeiten. Das heißt nicht, dass die Erfahrung als schön bezeichnet werden kann. Aber die Erfahrung von Verlust an sich verändert jeden Menschen und zwingt einen indirekt Lebenswertes in und an diesem Leben zu finden.

Für den einen mag das die Natur sein, das Haustier, die Leidenschaft für eine fast vergessenes Hobby (in meinem Fall Musik, Reisen und Backen), alte und/oder neue Beziehungen (Schul-/ Freunde, Verwandte, Kollegen), der eigene Beruf, der Glaube an spirituelles oder der Glaube an bestimmte Werte oder oder oder sein...
Veränderung ist das einzig Beständige am Leben und diese Erkenntnis allein, kann bereits Hoffnung schenken.

Die Liebe, die nun nicht weiter aktiv geteilt wird, kann nach der ersten lähmenden Trauer in andere zeitintensive Dinge oder gar andere Charaktere verschenkt werden.

Ich wünsche keiner Menschenseele den Schmerz des Verlust der Liebsten. Und doch verstehe ich, seit dieser Verlusterfahrung Menschen, ihre Schmerzen und ihre Beweggründe und das Mensch sein an sich um vieles besser.

Unsere Tage auf dieser Welt sind begrenzt. Und erst diese Begrenzung gibt jeden Tag und jeden Moment, den wir bewusst mit jemandem teilen, den Wert der ihm gebührt. Mit fiktiven Therapeut Sean Maguires (Good Will Hunting 1997) Worten beschrieben: "Wir überlegen uns genau, wen wir in unsere kleine Welt rein lassen."

Viele Filme über Trauer sind sehr oft unglaublich lebensbejahend oder mindestens unglaublich hoffnungsvoll. Man sollte sich ihrer ab und an einfach annehmen, auch ohne eigene aktive tobende Trauer zu fühlen.

30.10.21
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Die folgenden Beispiele von Filmen und Serien Episoden sind überwiegend vom eigenen Filmstudio als Dramen kategorisiert (mit Ausnahme der Dokumentation und den Animationen). Aber nach meiner Meinung sind diese Geschichten häufig sehr liebevoll und Hoffnung schenkende bis wirklich extrem humorvolle und lebensbejahende Filme (ohne wertende Reihenfolge):

Klassisches Drama:
Beim Leben meiner Schwester (Verlust Kind/Schwester durch Krankheit)
Der Club der Toten Dichter (Verlust des Freundes/Schülers durch Suizid)
Reign over me (Verlust Frau, Kinder durch Gewaltverbrechen)
Out of play (Verlust des Kinds durch Krankheit)
Gilbert Grape - Irgendwo in Iwo (Verlust des Vaters durch Suizid, der Mutter durch Krankheit)

Art House Film:
Manchester by the sea (Verlust des Bruders/Vaters durch Unfall)
The Cakemaker (Verlust des Ehemanns/Geliebten durch Unfall)
Monsters Ball (Verlust des Ex-/Mann durch Todesstrafe; Sohn durch Suizid)

Mittelalter Film:
Kingdom of Heaven (Verlust der Frau durch Suizid, Kind durch Krankheit)

Fantasy Film:
Hinter dem Horizont (Verlust der Frau durch Suizid)

Dokumentation:
Dear Zachary: A Letter to a son about his father (Verlust des Vaters/Sohns/Freundes durch Straftat, Enkel durch erweiterten Suizid)


Kindgerecht:

Deutscher Film
Der Junge muss an die frische Luft (Verlust der Mutter/Tochter/Frau durch Suizid )

Animationsfilm
Findet Nemo (Verlust der Mutter durch Straftat)
König der Löwen (Verlust des Vaters durch Straftat)

Film Komödie
Der Club der Teufelinnen (Verlust einer Freundin durch Suizid)

Sitcom Serien
Gilmore Girls (Finale Staffel bzw. 4 finale Episoden) (Verlust des Groß-/Vaters/Ehemann durch Krankheit)
How I met your mother
(Verlust des Schwieger-/Vaters durch Krankheit)
The Big Bang Theory
(Verlust der Schwieger-/Mutter durch Krankheit)

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Donnerstag, 4. November 2021
Wie geht es dir?
Die Frage "Wie geht es dir?" ist für mich seit 2019 eine geladene Frage.

Es gibt auf diese so einfache Frage, gefühlt keine richtige Antwort mehr. Na klar, jeder hat mal bessere und mal schlechtere Tage. Nur ist seither das Spektrum der schlechten Tage um ein vielfaches weiter als vor dem Suizid. Wenn das Schlimmste was passieren kann, bereits passiert ist, sind die weiteren Tiefpunkte nicht mehr so unbeschreiblich und unerwartet Tief. (Gott sei Dank. XXX)

Ich hatte davor bereits Krisen überstanden: Scheidungskind, Mobbing, sitzen geblieben, Arbeitslos, Adipositas II. Grades, schmerzhafte Trennungen, Geldsorgen, Rechtsstreite also diverse Auswegslosigkeiten in einigen Farben und Facetten. Vielem davon bin ich entkommen: seit Jahren bin ich stabil im selben Beruf beim selben Arbeitgeber, in derselben liebevollen Beziehung, habe eine stabile Gesundheit trotz Schwächen, endlich wieder einen stabilen Kontostand.

Also ja, wir reden hier von Wohlstandsproblemen sicherlich und dennoch ist mein "Mir geht es gut." oder "Ich bin okay." bei weitem nicht dasselbe wie bei meinen Altersgenossen. Damit muss man erst mal klar kommen. Ich habe stetig das Gefühl hinterher zu hinken, aber ich bin nicht mehr in einem depressiven Loch. Also ja, auf meinem Spektrum, geht es mir gut.

Die Erbschaft befindet sich auf einem stabilen Weg in die richtige Richtung und das endlich aufgeteilt auf die sechs Schultern, die davon profitieren (werden). Meine Gesundheit stelle ich endlich wieder vorne an um die verdammten Blutdruck Tabletten loszuwerden, die mir erst durch die Suizid(Trauer)Spätfolgen verschrieben wurden. Ich denke endlich wieder vorwärts und nicht ständig, immerhin nur ab und an, rückwärts.

Ich fantasiere wieder vom Heiraten und Kinder kriegen. Ich mache konkrete Relatiätschecks. Wie viel Möbel braucht ein Kind? Passen diese Möbel in diese Wohnung noch rein? Ab wie viel Jahren braucht ein Baby ein Kinderbett? Kita und Kindergarten sind direkt nebenan, wie lange ist die Warteliste?
Wie groß würde ich Hochzeit feiern wollen? Nur die Familie und standesamtlich oder doch mit Priester und Freunden? Oder einfach nur wir zwei auf dem Standesamt und eine große Grillparty im Nachhinein mit Aufhänger 'Jahrestag Jubiläum 10+' anstelle 'Hochzeit', mit allen, die uns lieb sind?

Allein der Fakt, dass mein eigenes Leben wieder Fahrt gewinnt, ist Grund zur Freude für mich. Ich erwische mich beim Nestbau, beim Ausmisten, Keller entrümpeln, beim verschönern unserer Wohnung.
Ja, mir geht es besser. Trotz Pandemie, trotz Zukunftssorgen, trotz laufender Rechtsstreitigkeiten, trotz vorhandener Trauer.

Ja, mir geht es tatsächlich gut.

28.10.21

Bild: Drew Beamer | unsplash.com
https://unsplash.com/photos/xU5Mqq0Chck

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Donnerstag, 21. Oktober 2021
Zerbrechen
Meine Familie zerbrach mit dem Tod meines Vaters. Er hat im Alleingang die Fassade unserer funktionalen Patchwork-Familie aufrecht erhalten. Er hat all die Arbeit reingesteckt, er gab all seine Finanzen auf und her für uns alle. Er hinterließ eine riesen Lücke, die keiner zu füllen vermag noch will.
Mein Unwille unser aller Situationen eskalieren zu lassen, zwang mich eine großes Stück dieser verfickten Lücke zu schließen.

Auch nur einen Teil seiner Lasten zu Schultern, nimmt mir jegliche Lebenskraft. Ich weiß nicht wie er solange überlebt hat. Ich weiß es wirklich nicht. Aber was ich endlich begreife ist, dass er keine Energie mehr hatte sich um sich selbst zu kümmern, sich einem Hobby zu widmen, geschweige denn Zeit für eine (besondere) Freundin zu finden. Es war einfach nichts mehr von ihm übrig.

Letzteres erklärt mir sehr deutlich, warum ich jetzt so schwer um meine Beziehung mit meinem Lebenspartner kämpfen muss. Diese Misere aufzuräumen, alle Familienmitglieder zum Erwachsen werden zu zwingen, hat mich mit keiner Energie zurück gelassen um meinem Mann gerecht zu werden. Ich bin die gaaaaanze Zeit wehleidig, traurig, wütend, und frustriert.

Ich bin so angespannt, dass ich keinen Abend verbringen kann ohne darüber zu reden. Ich habe das Gefühl wir führen uns wie Zimmergenossen auf anstelle von Lebenspartnern. Etwas hat sich verschoben und es ist meine Schuld. Ich habe mir zu viel aufgeladen und kann weder damit umgehen noch werde ich angemessene Wert geschätzt von meiner Familie angesichts meines Einsatzes. Es ist kein Respekt und keine Liebe mehr für die Familie da, wenn überhaupt ist es eine Liebe wie eine Art schlechte Angewohnheit. Etwas was du behältst für das was es war, nicht für das was es ist.

Ich habe mich nie ungesünder und gar toxisch verhalten als hier und jetzt.

Ich bin an einem neuen Tief angekommen. Ich schäme mich vor mir selbst und meiner (so genannten) Familie.

24.9.21 / 28.10. 21

Bild: Hans | pixabay.com
https://pixabay.com/de/photos/abriss-bauschutt-abbruch-baustelle-167737/

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